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Kulturvolk Magazin

Kulturvolk Blog Nr. 527

Kulturvolk Blog | Sibylle Marx

von Sibylle Marx

23. Juni 2025

Heute: 1. RambaZamba Theater – "Mord im Regionalexpress" / 2. Shakespeare Theater am Insulaner – "Romeo und Julia" 

1. RambaZamba Theater - Krimi oder was?

"Mord im Regionalexpress" im RambaZamba Theater © Phillip Zwanzig

Ein Mord, der vielleicht gar keiner ist, denn es gibt keine Leiche, sondern bloß die mit weißer Farbe gezeichneten Umrisse eines gestürzten Körpers auf dem Bühnenboden.

Trotzdem findet sich eine bunte Truppe von Menschen zusammen, die versuchen, diesen Mord aufzuklären, obwohl es vielleicht gar keiner ist, denn es gibt ja keine Leiche. Möglicherweise geht es auch nur um einen verschwundenen Schauspieler, der in einer Sinnkrise ist oder einfach irgendwo rausgeflogen ist wegen Trunkenheit.

Aber den Regionalexpress, den gibt es schon, und zwar in Form eines aus Sperrholz gebauten Eisenbahnwaggons. So ein alter, bei dem man durch die Türen direkt die Abteile betritt, der auch an den Schmalseiten Türen hat, die auf einen Austritt mit Geländer führen.
Mal grell ausgeleuchtet, mal in gelbwarmes Licht getaucht (Bühne: Magdalena Musial).

Der
Waggon ist ständig in Bewegung, wird unter erheblicher Anstrengung und Tempo nach vorn und nach hinten geschoben, um neunzig Grad gedreht, schräg gestellt. Alle packen kräftig mit an. Rennen durch den Wagen, um ihn herum, immer auf Verfolgungsjagd.
Der
RambaZamba-Regionalexpress ist unterwegs in Brandenburg, hat jede Menge Haltepunkte, wobei sich die Reisenden uneinig sind, ob er in Ludwigslust oder in Ludwigsfelde hält, nach Schwerin oder Stralsund unterwegs ist. Vielleicht fährt er auch in die falsche Richtung, aber das ist egal, denn: „Es gibt keine falsche Richtung, es dauert höchstens etwas länger.“
Dieser Satz wird gefühlt zwanzig mal ausgesprochen,
führt immer wieder zu Lachern und kann als Motto über dem ganzen Abend stehen.


Wohin führen neue Spuren?


Auf der Fahrt taucht eine neue Spur auf: Ein Bild wurde gestohlen, „Peter im Tierpark“
von Harald Hakenbeck. Allen, die in der DDR Kunstunterricht hatten, bestens bekannt, weil dort ausführlichst beschrieben und interpretiert. Im Zentrum ein Junge, Peter, in blauer Jacke und Mütze mit Ohrenklappen, im Hintergrund kahle Bäume und Zootiere. Als das Gemälde wieder auftaucht, ist Peter aus dem Bild verschwunden, nur eine weiße Fläche in den Formen des Kindes ist übrig geblieben.
Mit dieser Metapher schlägt Regisseur Milan Peschel den Bogen nach draußen, zurück in die DDR, erzählt – auch mit mehreren anderen Geschichten von Verlusten, Identitätsfindung und von ungleichen Verhältnissen, die einfach nicht angeglichen werden (können).


Absurder Tiefsinn


Ich weiß, das klingt alles völlig absurd, und in gewisser Weise ist es das auch.
Aber se
lten habe ich einen Theaterabend erlebt, der auf den ersten Blick sinnfrei anmutet, aber gleichzeitig voller Tiefe ist und ganz große Fragen im Raum stehen lässt: Wie gehen wir mit unserer Vergangenheit um, wie leben wir zusammen, was sind unsere Träume, wohin führt uns unser Weg?

Milan Peschel und
seiner "Sonderkommission für unlösbare Widersprüche“ ist hier wirklich ein großer Wurf gelungen. Die Kommissare und Komissarinnen sind alle so gut, dass ich keinen oder keine besonders hervorheben mag. Durch die Bank sind sie mit einer sagenhaften Energie und so viel Spielfreude dabei, kommen so liebevoll rüber, dass die Lachsalven schon mal in Wegblinzeln wegen feuchter Augen übergehen.
Absolut großartig!

RambaZamba Theater, 24. und 25. Juli. Hier geht’s zu den Karten.


***

2. Shakespeare Company - Wenn die Liebe doch siegen könnte

"Romeo und Julia" im Shakespeare Theater am Insulaner © René Löffler

Bereits im dritten Jahr residiert die Shakespeare Company nun schon neben dem Sommerbad am Insulaner, hat dort nach Jahren des Umherziehens ihre feste Bleibe gefunden.

Und es gibt kaum einen besseren Ort in Berlin, um Sommerabende mit Temperaturen von 28 Grad
zu genießen und dabei gutes Volkstheater zu sehen.
Man sitzt
auch vor der Vorstellung im Schatten unter Bäumen, kann Eiskaltes trinken und sogar seine eigenes Picknick mitbringen. Wenn von der Bühne „Pause“ gerufen wird, sind die Tische mit Tischdecken und Teelichten bestückt, die im inzwischen Dämmrigen genau wie die Lichterketten von den Bäumen leuchten.

Zum vielfältigen Repertoire – „Viel Lärm um Nichts“, „Zwei Herren aus Verona“ „Maß für Maß“, „Lear“, „Der Kaufmann von Venedig“, „Zwei Herren aus Verona“ und „Othello“ – ist in diesem Sommer die berühmteste Liebesgeschichte der Welt dazugekommen.
Und in bester Tradition hinterfragt das Ensemble den Text, durchforste
t das Stück nach heutigen Bezügen. Die Spieler wechseln mühelos von den Shakespereschen Versen in moderne Sprache und flotte Sprüche (Übersetzung: Martin Molitor).


Einfallsreiche Ausstattung


Das Geschehen spielt sich auf einer leeren Bühne ab; ein schimmernder, herrlich schwingender Seidenvorhang verdeckt den Blick auf das, was dahinter ist. Durch seine Schlitze werden die wenigen Requisiten geschoben: Zwei mannshohe Holzkisten mit Griffen zum Tragen und Deckel. Ist der Deckel aufgeklappt, wird daraus die Badewanne für Julia, hochkant gestellt, ist der Deckel die Tür in Pater Lorenzos Kapelle. Die Kiste hält auch für den Balkon her, den Romeo erklettert. Die Leiter ist hier eine Sackkarre, die auch andere gute Dienste leistet.

So schlicht die Bühne, so aufwendig die Kostüme (Ausstattung:
Kathrin Hegedüsch). Seide ist neben Leinen hier das Material der Wahl. Julias Kleid sowie Hemd und Hose von Romeo sind schlicht gehalten in unschuldigem Naturweiß. Die anderen Gewänder leuchten in kräftigen Farben.
Unter der Regie von Arnim Beutel spielen sechs Schauspieler in zwanzig Rollen. Die Wechsel von Kostümen und Figuren hinterm Vorhang geschehen blitzschnell; nebenbei wird zu Flügelhorn und Klarinette gegriffen, berührend mehrstimmig gesungen (Musik: Bernd Medek).

Gekämpft wird hier nicht mit dem Degen, sondern mit Schöpfkellen, Handfeger und Strohbesen. Aus Mercutios Wams wird nach und nach ein meterlanges schmales rotes Band gezogen: Das Blut, das nach dem Kampf mit Tybalt aus seiner Wunde strömt.

Bei allem Spaß und ziemlicher Derbheit wird die Sinnlosigkeit der seit Urzeiten bestehenden Fehde zwischen den beiden Familien, die Hass und Kampf und schließlich Tod verursacht, nicht unter den Bühnenboden im hölzernen Rundbau gekehrt. Man wünscht so sehr, dass die Liebe siegen möge, auch wenn das Ende der Geschichte hinlänglich bekannt ist.

Shakespeare Theater am Insulaner, bis 13. September. Hier geht’s zu den Karten.

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