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Kulturvolk Magazin

Kulturvolk Blog Nr. 453

Kulturvolk Blog | Sibylle Marx

von Sibylle Marx

16. Oktober 2023

Heute: 1. Renaissance-Theater – „Marlene“ / 2. Komödie – „Und wer nimmt den Hund?“ / 3. Extra-Tipp – Bar jeder Vernunft: „Der Mond hatte frei“

1. Renaissance-Theater - Verspiegelter Mythos

Sven Ratzke in
Sven Ratzke in "Marlene" im Renaissance-Theater © Ann-Marie-Schwanke-Siegersbusch

Es gibt wohl wenige Berliner theaterinteressierte Menschen, die älter als 40 sind und in den über zwanzig Jahren, in denen Judy Winter im Renaissance-Theater Marlene spielte , diese Inszenierung nicht gesehen haben. Manche vielleicht sogar mehr als einmal.

Dass sich das Haus an der Knesebeckstraße entschlossen hat, das Stück von Pam Gems in einer neuen Inszenierung herauszubringen, nötigt dementsprechend von vornherein Respekt ab. Und weckt Neugier.
Intendant Guntbert Warns hat selbst Regie geführt und in seiner Interpretation ganz klar auf einen Show-Effekt einerseits und die Stimme und die Entertainer-Qualitäten seines Hauptdarstellers Sven Ratzke andererseits gesetzt.


Licht und Glamour


Unterstützt wird diese Herangehensweise durch das beeindruckende Bühnenbild von Ezio Tofolutti, in dem immer neue überraschende Effekte erzeugt werden und der Raum immer wieder anders wirkt.
Zu Beginn ist die Bühne hinter einem durchscheinenden Vorhang verborgen. Als Schattenspiel erscheint Marlene. Wenn der Vorhang beiseite gezogen wird, öffnet sich ein Raum, der nach hinten durch schräg zulaufende und ineinander verschränkte Spiegelwände begrenzt ist. Die Architektur und die ausgeklügelte Lichtgestaltung von Carl Bergerard lassen Marlene plötzlich überall im Raum sein.

Der Raum ist das Schlafzimmer in der Pariser Wohnung, wo Marlene Dietrich völlig zurückgezogen von der Welt ihre letzten Lebensjahre verbringt. Im Gespräch mit ihrer einzigen Vertrauten Viv (Joanna Asch) und in Selbstgesprächen lässt sie ihr Leben und ihre Erfolge noch einmal Revue passieren. Aber auch ihre Rückschläge, ihre Verzweiflung und ihre Sehnsucht nach Liebe.


Musikalisch überzeugend


Begleitet, geradezu geführt wird dieser erste Teil vom Pianisten Jetse de Jong, der in seiner mal ruhigen, mal dramatischen Musik ab und zu ein paar Takte aus den berühmten Liedern einfließen lässt. Das tut der Szene sehr gut, denn was erzählt wird, ist doch hinreichend bekannt, und das Zusammenspiel von Sven Ratzke und Joanna Asch bleibt seltsam blass. Sven Ratzke zitiert Marlene mehr, als dass er sie sich erspielen kann. Und Joanna Asch, deren Rolle der Viv schon im Stück nicht viel mehr als eine Stichwortgeberin ist, kann ihrer Figur nur wenig Tiefe verleihen.

Im zweiten Teil der gut zweistündigen Aufführung kann Sven Ratzke dann zeigen, was er drauf hat. Und das kostet er mit großem Vergnügen und hochprofessionell aus.

Ian Griffiths hat bei den Kostümen bewusst auf das bekannte Marlen-Outfit mit Paillettenleid und Pelz verzichtet. Sven Ratzke trägt nach der Pause ein champagnerfarbenes eng geschnittenes und über den Hüften gerafftes Kleid mit Seitenschlitz, in dem er auch mal – mhingegossen auf den Flügel – die perfekten Beine zeigen kann. Und jetzt kommt doch noch ein Marlene-Accessoire – der Zylinder – zum Einsatz.

Neben seinen gesanglichen Qualitäten beweist Sven Ratzke wieder einmal, dass er ein erfahrener Entertainer ist. Er kann nicht nur die Songs wunderbar interpretieren, er kann auch mit dem Publikum spielen, ohne sich anzubiedern.
Und nicht erst, wenn er in einem Meer aus Licht stehend „Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt“
singt, hat er die Menschen im Parkett verzaubert.

Renaissance-Theater, bis 29. Dezember. Hier geht's zu den Karten.

 

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2. Komödie - Das seltsame Spiel der Liebe

"Und wer nimmt den Hund?" in der Komödie, v.l. Sandrine Guiraud und Marion Kracht © Dietrich Dettmann

Auch im Ernst Reuter Saal, wo die Komödie Unterschlupf gefunden hat und mit Und wer nimmt den Hund?“ auf der dortigen Bühne erstmals richtig Theater spielt, gilt es, einem Vergleich standzuhalten: Der gleichnamige Kinofilm war 2019 sehr erfolgreich, der Titel blieb im Gedächtnis.

Um es vorweg zu nehmen: Die alte Geschichte – nach fünfundzwanzig Jahren verliebt sich Georg in eine um einiges jüngere Frau,
die Trennung von seiner Frau Doris steht an – geht als Bühnenstück ebenfalls auf und macht großen Spaß anzusehen, auch wenn eigentlich nichts Neues erzählt wird. Denn das, was da verhandelt wird, ist entweder aus eigenem Erleben oder aus dem Leben von Freunden und Bekannten wohl vertraut.

In der Regie von Martin Woelffer bilden Marion Kracht als Doris und Michael Roll als Georg das Zentrum eines Ensembles, in dem die Rollen exzellent besetzt sind und alle routiniert – und das ist in keiner Weise negativ gemeint – agieren. Die Figuren werden in ihrer ganzen menschlichen Unzulänglichkeit behauptet und bleiben durchweg sympathisch.


Trennungen können ansteckend sein


Doris weigert sich, ihre Ehe einfach aufzugeben und zwingt Georg, die Hilfe der Trennungsberaterin Frau Bruhns (Simone Ritscher) in Anspruch zu nehmen. Die Therapiesitzungen bilden die Klammer zwischen Rückblenden, in denen die Ehe von Doris und Georg beleuchtet wird. Demgegenüber steht einerseits die junge Wissenschaftlerin Laura (Dominique Siassia) und andererseits das mit Georg und Doris seit langem befreundete Paar Claudia (Sandrine Guiraud) und Peter (Hartmut Lehnert). Auch deren Beziehung gerät ins Wanken und die Beiden finden sich schließlich in Frau Bruhns’ Praxis wieder.

Marion Kracht, in der ersten Therapiestunde noch die Mutti mit Schultertuch und Haarspange lässt bald schon die Locken fliegen und pariert die Vorwürfe ihres Mannes immer flotter. Michael Roll überzeugt in seiner trockenen Art, seine Pointen zünden quasi nebenbei, und er balanciert zwischen anfänglicher Selbstgefälligkeit und wachsenden Selbstzweifeln. Dazwischen Simone Ritscher, die schon mal aufpassen muss, dass ihr ihre Klienten nicht die Butter vom Brot nehmen, wenn zum Beispiel Marion Kracht sich auf ihrem gelben Therapeuten-Sitzball niederlässt und von energisch von ihr vertrieben werden muss.

Die Rollen des Freundespaares und der jungen Geliebten sind innerhalb des Stückes recht sparsam notiert, aber allen Dreien – Dominique Siassia, Sandrine Guiraud und Hartmut Lehnert – gelingt es, ihre Figuren plastisch werden zu lassen.
Besonders die
Begegnungen zwischen den beiden Freundinnen, vertraulich kichernd auf dem Sofa und in typischer Frauensolidarität verbunden, auch wenn es richtig brenzlig wird, überzeugen durch den Charme und die Lebendigkeit der beiden Frauen.

Der Hund – er heißt Lewandowsky – tritt nicht wirklich auf, spielt aber, wie der Titel suggeriert, eine nicht unerhebliche Rolle und ist durch eine witzige szenische Lösung durchaus präsent. Welche, soll hier natürlich nicht verraten werden. Auch, was aus Doris und Georg wird und was das Sexualverhalten von Quallen mit der ganzen Sache zu tun hat, kann man nur erfahren, wenn man sich auf den Weg nach Reinickendorf macht.

Komödie im Ernst-Reuter-Saal, bis 4. November. Hier geht's zu den Karten.

 

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3. Bar jeder Vernunft - Liebeslieder mit Klavier und Charme

"Der Mond hatte frei" in der Bar jeder Vernunft © Barbara Braun Bar jeder Vernunft

Wenn Sie Atrin Madani, einen jungen Jazzsänger, der aber viel mehr als nur Jazz singen kann, noch nicht kennen, dann sollten Sie unbedingt – am besten mit Freunden – in die Bar jeder Vernunft gehen und dort einen wunderbaren Abend genießen, der Sie vergnüglich und mit großem Charme mit Liebesliedern durch die Musikgeschichte führt

„Der Mond hatte frei“ war in der Bar sehr erfolgreich und hat auch uns so begeistert, dass wir Atrin Madani mit Songs seiner ersten CD im Winter in unsere Montagskultur eingeladen hatten.

Im Blog
vom 5. September 2022 können Sie zu „Der Mond hatte frei“ mehr lesen.

Aber: Es gibt nur noch einen Termin, am 30. Oktober.
Hier geht’s zu den Karten.

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