Piscators Spuren in New York – Julian Becks Manifest „Das Theater leben“
Anlässlich ihres Auftritts bei den Berliner Lektionen erzählte die New Yorker Theatermacherin Judith Malina im Mai 1991 wie Erwin Piscator am Dramatic Workshop in New York ihr Theaterverständnis entscheidend prägte. Von ihm habe sie gelernt, Fragen zu stellen: „Was wollen wir sagen? Was für einen Sinn hat es, das zu sagen?“ Während der 60er und 70er Jahre dokumentierte Malinas Ehemann, der Maler, Poet und Bühnenbildner Julian Beck in so poetischen wie programmatschen Kurztexten den Weg des politisierten Theaterkollektivs Living Theatre. Die Texte sind unter dem Titel „The Life of the Living Theatre“ erschienen. Im Jahr 2021 ist das Buch im Verlag Theater der Zeit in deutscher Sprache erschienen.
„Ich entscheide mich nicht, im Theater zu arbeiten, sondern in der Welt. Das Living Theatre ist mein Leben geworden als Theaterleben. Wir verschlingen einander. Ich kann uns nicht mehr auseinanderhalten. Judith und ich gehen darin auf. Und andere in uns. … Das Nest, an dem wir bauen, wimmelt vielleicht vor Maden. Und aus den Eiern schlüpfen Fleischfresser. Mein Theater. Ich halte den Spiegel hoch, bis mir die Arme schmerzen. Er fällt den Zuschauern auf die Köpfe ...“
„irgendetwas ist schief wenn picassos gemälde und schönbergs musik
auf den wappen der machtelite prangen
rockefeller sammelt de Kooning
in der wall street wird allen ginsberg gelesen
jacqueline kennedy verehrt manet
sie nehmen alles weg.
…
kunst muss sich dem staat entgegenstellen, sonst zersetzt sie die eigene kraft.“
Die Autorin und Übersetzerin Dr. Anna Opel liest Passagen aus „Das Theater leben“ und sie berichtet von ihrer Spurensuche in New York im Jahr 2022.