aus dem Englischen von Daniel Kehlmann
Jacob McNeal ist das Paradebeispiel für den sprichwörtlichen alten weißen Mann und geradezu ein Prototyp einer heute zunehmend als toxisch gebrandmarkten Männlichkeit: ein berühmter US-amerikanischer Schriftsteller Ende 60, ein Charismatiker mit einem Alkoholproblem und ein bisschen ungehobelten Manieren, eine ehrliche Haut, prominent, erfolgreich, raumgreifend. Im Laufe des Lebens hat er sich seine Bildung, seine Sprachmacht und seinen Platz in der Literaturgeschichte seines Landes hart erarbeitet und dabei ohne Rücksicht auf Verluste sich selbst, seine Beziehungen und seine Gesundheit ausgebeutet und ruiniert. Auf dem Höhepunkt seines Ruhms (Literaturnobelpreis) und am Ende seines Lebens (Leberzirrhose) holt ihn seine Vergangenheit ein und überholt ihn eine Technologie, die ihn als Autor bedroht: Künstliche Intelligenz.
Das Stück variiert inhaltlich und auch formal eines der großen poetologischen Probleme: die Tatsache, dass Literatur selten ganz originär ist und jeder Autor oder jede Autorin zunächst immer auch Leser oder Leserin ist. Als dieser arbeitet er oder sie sich bewusst oder unbewusst mit dem eigenen Schaffen an anderen Werken ab, genau wie die KI, die auch mit Texten und Daten gefüttert sein muss, damit sie etwas schreiben kann. Ayad Akhtar, der Autor dieses Theaterstücks, hat mit forschender Neugierde zwei Jahre lang intensiv eine KI trainiert, bis sie in der Lage war, dieses Stück zu schreiben – in seinem Stil, in seinem Sinn. Und ist dabei auf Probleme gestoßen: u.a., dass die KI kein literarisch interessantes Verhältnis zum Tod entwickelt, der ja eines der brennenden Menschheitsthemen ist.
Regie | András Dömötör |
Bühne | Julia Plickat Ann-Christine Müller |
Kostüm | Almut Eppinger |
Musik | Tamás Matkó |
Video | Zsombor Csegliédi |
Licht | Matthias Vogel |
Dramaturgie | Karla Mäder |
Live-Kamera | Veniamin Itskovich |
Mit | Ulrich Matthes Julia Gräfner Anja Schneider Andri Schenardi Mercy Dorcas Otieno Evamaria Salcher |