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Kulturvolk Magazin

Kulturvolk Blog Nr. 48

Kulturvolk Blog | Reinhard Wengierek

von Reinhard Wengierek

9. August 2013

Villa Blumenfisch


Sommer, Sonne, Hitze   also nix wie raus zum Wannsee. Und rein in den Seegarten der Villa Blumenfisch und rauf auf den grünen Rasen. Dort, gerahmt vom Wasser und von hohen Bäumen, gaukelt das Varieté „Luft und Liebe“; beim richtigen Wetter mit Sonnenuntergangsglühen vom Ufer vis á vis. Man darf getrost auch seine Badehose einpacken --  und zuvor noch fix vom Bootssteg aus ins Nass...

Es ist ein ganz eigenes, romantisch verspieltes, herrlich humoriges, zuweilen ziemlich freches, zuweilen auch verträumtes und immer aber artistisch brillantes Tingeltangel, das da swingt am Trapez, auf dem Einrad oder Hochseil, mit Ringen, Reifen, Keulen sowie allerhand Muskelkraft. Alles verpackt in zauberhafte Kostüme und mit viel Witz – die köstlichen Comedy-Einlagen!   und vor allem mit Charme, Tanz, Eleganz. Prima Amüsemang für ein staunendes Publikum an lauschigen, hoffentlich trockenen Augustabenden und bei etwas Glück mit einer Sternschnuppe am Himmel.

 

Martin van Bracht, der Prinzipal der feinen kleinen Truppe, die sich „Die Aristokraten“ nennt, gründete Ende der 1980er Jahre die Gruppe „Gosh“, die bis heute zu den wichtigsten Vertretern der Nouveau-Cirque-Bewegung zählt. Aus ihr entwickelten sich schließlich „Die Aristokraten“   allesamt hoch professionelle, mit internationalen Preisen ausgezeichnete, weltweit gastierende Artisten. Ihr phantasievolles Spektakel spielt mit der üppigen Prachtentfaltung barocker Aristokratie und deren exzentrischen Personnage mit den turmhohen Perücken. Die Küche der Blumenfisch-Villa, eine zu den VIA-Werkstätten gGmbH gehörende Einrichtung für Menschen mit Behinderung, sorgt für frische Bowle, für Prosecco, Bier, Saft sowie verschiedene Leckereien vom Grill.

Noch vom 12. bis zum 15. August; Am Sandwerder 11-13, jeweils 19.30 Uhr. Einlass zum Baden, Sonnen, Schlemmen bereits ab 17 Uhr.

Admiralspalast

Die allermeisten Männer im klassischen Ballett quält insgeheim enormer Unmut. Über die ihnen zumeist anstehenden, extrem langweiligen Rollen der Prinzen. Denn die sind vor allem dazu da, die prinzesslichen Ballerinen korrekt in die Luft zu stemmen. Oder ihnen den Kratzfuß zu machen. Aufgaben, die nur sehr bedingt mit Lust erfüllen. Also schnappten sich die klassisch trainierten Herren kurzerhand die klassischen weiblichen Hauptrollen und wirbelten fortan im Tutu über die Bretter. Das war 1974, als sich in New York die ausschließlich aus perfekt professionellen Tanzmännern bestehende Company „Les Ballets Trockadero de Monte Carlo“ gründete, die das gesamte Spektrum des geläufigen Ballett- und Modern-Dance-Repertoires beherrscht, also klassische Original-Choreographien werkgetreu in Interpretation, Technik und jeweiliger stilistischer Eigenheit präsentiert.

Freilich mit dem so wunderbaren, den Welterfolg der Truppe beschleunigenden Haken: Männer im Tutu als Prinzessinnen, Schwäne oder Märchenmädchen sind komisch! Sie verrücken das Original jeweils um ein kleines Stückchen; nicht, um es zu veralbern oder durch den Kakao zu ziehen, sondern um ihm – ganz souverän, selbstbewusst und immer auf Spitze   ein ironisches Augenzwinkern anzufügen. Die Trocks, wie die mit internationalen Preisen überhäufte Truppe inzwischen kurzerhand geheißen und weltweit umjubelt wird, die Trocks sind keine Drag Company, sondern bleiben Spitzen-Kerle mit Bart und Brusthaar. Köstlich, umwerfend, elegant ironisch. Jetzt im Admiralspalast noch bis zum 11. August mit dem zweiten Akt „Schwanensee“ (Tschaikowsky), mit Ausschnitten aus „Don Quixote“ (Minkus/Petipa) und Petipas „Paquita“ sowie Balanchines „Go For Barocco“ nach Kompositionen von Georg Friedrich Händel.

 

Übrigens, ihren Namen gab sich die hinreißende US-Truppe programmatisch in Erinnerung an die Petersburger Ballets Russes, die nach der bolschewistischen Revolution in Monaco Asyl fanden. Man pflegt und feiert also akribisch die hohe Schule klassischer Tanzkunst – mit dem speziell maskulinen Einschlag, der die hehre Kunst delikat würzt mit göttlichem Humor.

Gratulation

Im Hof vom Berliner Ensemble hält es noch immer bunt blinkend vor der alten Probebühne Wacht: Das vor einigen Jahren eingeweihte „Brecht-Monument“ von Karl-Ernst Herrmann. Eine luftige Materialcollage, die Brechts Biografie höchst witzig illustriert. Mit allerhand beziehungsreichem Kleinkram,, raffiniert verflochten zu einem großen Ganzen, einem frappierend unmonumentalen Monument mit verspieltem und dennoch zugleich elegant pathetischem Ausdruck. Und so sind auch Herrmanns Bühnenbilder: Großzügig-vornehme Architekturen, edel ausgeleuchtet mit kostbaren, obendrein ironisch gespitzten, höheren Sinn trefflich imaginierenden Details. Artifizielles und Banales verrückt verquickt. Ein Genuss für Auge und Gehirn.

 

Herrmann, aus der Oberlausitz kommend, studierte in den 1950er Jahren an der Berliner Akademie der Künste Bühnenbild. 1961  begann er bei Kurt Hübner am Ulmer Theater, ging mit ihm nach Bremen, traf dort auf Peter Stein und Claus Peymann und stützte maßgeblich deren Epoche machendes „Regietheater“ (Bremer Stil). Nach 1971 prägte er das Bild der Steinschen Schaubühne (Berlin) sowie das des Peymannschen Theaters in Bochum. Er blieb fortan der wichtigste Ausstatter für Stein, Peymann, Luc Bondy. 1982 debütierte der so ingeniöse wie perfektionistische Fantast gemeinsam mit Ehefrau Ursel als Opernregisseur in Brüssel (Mozarts „Titus“). In Wien und Salzburg folgten weitere große Mozart- und auch Verdi-Inszenierungen.

Zuletzt baute er im Hof vom BE den pittoresken Bretterverschlag für die nun schon in der zweiten Saison geträllerten „Wiener Lieder“. Und jeden Monat witzig neu sein Leporello mit dem Spielplan; jeweils ein kitzekleines Kunstwerk für sich (es soll Sammler geben). Am kommenden Montag feiert der Doyen deutscher Bühnenbildkunst seinen – einen Schnaps drauf! – 77. Geburtstag.

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